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An der Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie (SGED) im November 2024 gaben Schweizer Endokrinolog:innen und Diabtolog:innen einen Einblick in ihre vielfältige Forschung. Wir stellen Ihnen hier einige der präsentierten Arbeiten vor.
Oxytocin vermittelt MDMA-induzierte Hyponatriämie – eine Komplikation, die durch Flüssigkeitsrestriktion verhindert werden kann
Hintergrund:3,4-Methylendioxymethamphetamin (MDMA, «Ecstasy») ist eine Trenddroge für den Freizeitkonsum, die aber auch das Potenzial hat, in die klinische Praxis Eingang zu finden. Die akute Hyponatriämie ist eine schwerwiegende Komplikation, die schon durch die Einnahme einer Einzeldosis von MDMA verursacht werden kann. Als Ursache wird eine Vasopressinausschüttung angenommen, die ein SIADH in Verbindung mit gesteigertem Durst hervorruft, was zu einer Polydipsie und damit zu einer Wasserintoxikation führt.
Methoden: Die Autor:innen führten eine gepoolte Analyse der experimentellen MDMA-Einnahmen in 4 placebokontrollierten Crossover-Studien an 96 gesunden Teilnehmer:innen am Universitätsspital Basel durch. Ziel war es, die Häufigkeit und den Schweregrad einer Hyponatriämie nach einer oralen Einzeldosis MDMA (100 oder 125mg), die zugrunde liegenden Wirkmechanismen und die mögliche Wirkung einer Flüssigkeitsrestriktion zur Senkung des Hyponatriämierisikos zu untersuchen. 81 Teilnehmer:innen durften uneingeschränkt Flüssigkeit zu sich nehmen, während bei 15 Teilnehmer:innen die Flüssigkeitszufuhr kontrolliert wurde. Innerhalb von 360 Minuten nach der Einnahme wurden im Serum wiederholt Oxytocin, Copeptin (ein Surrogatmarker für Vasopressin) und Natrium gemessen.
Ergebnisse: Bei Studienbeginn betrug der mittlere Natriumspiegel 140±3mmol/l und sank nach der Einnahme von MDMA um 3±3mmol/l, was bei 31% (33/96) der Teilnehmer:innen zu einer Hyponatriämie führte. Bei diesen lag der mittlere Natriumspiegel bei 133±2mmol/l. Bei den Proband:innen ohne Einschränkung der Flüssigkeitszufuhr lag der Natriumspiegel bei Studienbeginn bei 140±3mmol/l und sank als Reaktion auf MDMA um 4±3mmol/l, was bei 41% (33/81) zu einer Hyponatriämie führte. Im Gegensatz dazu betrug der Natriumspiegel bei den Teilnehmer:innen, die nur wenig Flüssigkeit zu sich nahmen, bei Studienbeginn 141±1mmol/l und nahm als Reaktion auf MDMA nur geringfügig um 1±2mmol/l zu, was bei keiner Person zu einer Hyponatriämie führte (n=0/15). Dies deutet darauf hin, dass die Hyponatriämie durch die Flüssigkeitseinschränkung verhindert wurde (p=0,002). Der Oxytocin-Plasmaspiegel betrug zu Studienbeginn 87±45pg/ml und stieg nach der MDMA-Einnahme um 474±309pg/ml, während der Plasma-Copeptinspiegel von initial 4,9±3,8pmol/l nur geringfügig um 0,3±1,1pmol/l sank. Die Abnahme des Natriumspiegels korrelierte signifikant mit dem Anstieg von Oxytocin (r=–0,4; p<0,001), nicht aber mit der Veränderung von Copeptin (r=–0,1; p=0,220).
Schlussfolgerung:Die Analyse zeigt eine hohe Inzidenz einer akuten, meist leichten Hyponatriämie als Reaktion auf MDMA, die durch eine Flüssigkeitsrestriktion wirksam verhindert werden kann. Die Hyponatriämie geht mit einer akuten starken Oxytocin-, aber nicht mit einer Copeptinfreisetzung einher. Dies stellt die derzeitige Hypothese einer direkten Vasopressinfreisetzung infrage und deutet eher darauf hin, dass der Oxytocin-Anstieg aufgrund einer engen strukturellen Homologie die Wirkung von Vasopressin in den Nieren nachahmt.
Literatur:
Atila C, Straumann I, Vizeli P, Beck J, Monnerat S et al.: Oxytocin, not vasopressin, mediates high incidence of MDMA-induced hyponatremia - a complication preventable by fluid restriction. SGED-SSED Annual Meeting 2024, OP 03
Verbesserung der FNA-Diagnostik der Schilddrüse bei Einsatz der «rapid on-site evaluation» (ROSE)
Hintergrund:Die ultraschallgesteuerte Feinnadelaspiration (FNA) ist die bevorzugte Methode zur Beurteilung der Bösartigkeit von Schilddrüsenknoten. Es hat sich gezeigt, dass die schnelle Vor-Ort-Auswertung (ROSE) die Rate der nichtdiagnostischen Untersuchungen verringert und die Qualität der Proben verbessert. Ziel der 4-jährigen Folgestudie war es, die Nachhaltigkeit dieser Verbesserungen zu bestätigen.
Methoden:Die Autor:innen machten eine Längsschnittanalyse aller Schilddrüsen-FNA-Proben, die von 2019 bis 2023 durch den interdisziplinären Schilddrüsen-FNA-Dienst am Universitätsspital Bern durchgeführt wurden. Seit 2019 ist ROSE dort ein fester Bestandteil jeder FNA. Die FNA wird mit einer Hohlnadel der Stärke 23 oder 24 durchgeführt, die an einer 10-ml-Spritze in einem Spritzenhalter (Cameco®) befestigt ist. Die Nadelspitze wird unter Ultraschallkontrolle in die Zielläsion eingeführt, 2–3sec lang ohne Absaugen und danach weitere 2–3sec lang mit Absaugen vor- und zurückbewegt, bis Material im Nadelansatz zu sehen ist. Nun wird die Absaugung abgestellt, die Nadel wird zurückgezogen und sofort an den Zytopathologen übergeben. Es werden drei Abstriche präpariert, die sofort mit Delaunay-Fixierlösung fixiert werden. Die Aspirationsnadel wird mit CytoLyt®-Lösung für den späteren ThinPrep®- oder Zellblock gespült. Nach einer Papanicolaou-Schnellfärbung werden die drei Abstriche vor Ort mikroskopisch ausgewertet. Reicht das Material nicht für drei Abstriche aus oder weist die ROSE der ersten Aspiration auf eine Bethesda-Kategorie I oder III hin, wiederholt derselbe Assistenzarzt/dieselbe Assistenzärztin sofort die FNA. Wenn auch der zweite Versuch keine weitere Klärung bringt, führt ein Oberarzt oder eine Oberärztin eine dritte FNA durch.
Ergebnisse: Es wurden 3221 Schilddrüsen-FNA ausgewertet. 79 FNA von Bethesda-I-Zysten, bei denen nur Flüssigkeit aspiriert wurde, wurden von der Analyse ausgeschlossen, sodass schliesslich 3142 Schilddrüsenknoten analysiert wurden. In 100% der Fälle wurde eine ROSE durchgeführt. Die Rate jeder Bethesda-Kategorie blieb über den 4-jährigen Beobachtungszeitraum hinweg bemerkenswert stabil. Der mittlere Prozentsatz lag bei 1,3% (0,4–2,4%) für nichtdiagnostische Befunde der Kategorie Bethesda I, 89,6% (87,4–91,3%) für Bethesda II, 1,4% (0,5–2,4%) für Bethesda III, 2,4% (0,9–3,3%) für Bethesda IV, 1,4% (0,9–2,4%) für Bethesda V und 4,0% (2,4–6,9%) für Bethesda VI. Eine eindeutige zytologische Diagnose (Summe von Bethesda II und VI im Verhältnis zu allen Bethesda-Kategorien abzüglich Bethesda IV) wurde in 95,8% (92,7–97,2%) der FNA erreicht.
Schlussfolgerung:Die durchgehende Anwendung der ROSE und der beschriebenen FNA-Technik hat über vier Jahre hinweg zu erheblichen Verbesserungen bei der Schilddrüsen-FNA geführt. Diese Ergebnisse bestätigen den langfristigen Nutzen der ROSE als Standardprozedere für die Schilddrüsen-FNA. Die Autor:innen empfehlen, die ROSE als Standard einzuführen und die verwendete Technik neu zu bewerten, wenn die Rate der eindeutigen zytologischen Diagnosen weniger als 90% beträgt. Der Bedarf an zusätzlichen personellen Ressourcen sollte die Vorteile, einschliesslich der Kosteneffizienz der ROSE, nicht überlagern.
Literatur:
Trepp R, Borner U, Trippel M: Sustainability of improvement in thyroid fine-needle aspiration diagnostics with continued use of rapid on-site evaluation (ROSE): a four-year follow-up study. SGED-SSED Annual Meeting 2024, OP 54
Glukokortikoid-refraktäre lymphozytäre Hypophysitis, behandelt mit Rituximab: ein Fallbericht
Hintergrund:Die lymphozytäre Hypophysitis ist eine seltene autoimmune Erkrankung der Hypophyse mit Infiltration durch T- und B-Lymphozyten. Die Betroffenen weisen häufig eine Hypophysenfunktionsstörung auf (ADH-Mangel, Mangel an Hypophysenvorderlappenhormonen und/oder Hyperprolaktinämie). Die Behandlung besteht darin, die Vergrösserung der Hypophyse in den Griff zu bekommen und akute sowie anhaltende Defizite an Hypophysenhormonen zu substituieren. Neben Analgetika ist eine entzündungshemmende Behandlung mit Glukokortikoiden die Behandlung der ersten Wahl. Allerdings ist die Rezidivrate hoch (ca. 40%). In glukokortikoidrefraktären Fällen sollte eine immunsuppressive Behandlung erwogen werden.
Fallbericht: Im November 2018 stellte sich eine 24-jährige Frau mit Polydipsie, Polyurie/Nykturie und anhaltenden Kopfschmerzen seit Sommer 2018 vor. Die Laborbefunde deuteten auf einen ADH-Mangel hin. Abgesehen von einer leichten Hyperprolaktinämie (35,0μg/l [Ref. <23,3μg/l]) waren die anderen Hypophysenachsen intakt. Die MRT zeigte eine global vergrösserte Hypophyse (14x12x11mm), eine Verdickung des Hypophysenstiels sowie einen fehlenden «bright spot» im Sinne einer nicht abgrenzbaren Neurohypophyse. Nach dem Ausschluss sekundärer Ursachen wurde die Verdachtsdiagnose einer lymphozytären Hyphophysitis gestellt und eine symptomatische Therapie mit Analgetika begonnen. Nach anfänglich gutem Ansprechen kam es zu einer erneuten Verschlimmerung der Symptome, und es wurde erstmals eine Gonadotropin-Insuffizienz festgestellt. Auch wiederholte Behandlungsversuche mit Glukokortikoiden (bis zu 50mg/d mit schrittweiser Dosisreduktion im Verlauf von 5 bis 6 Monaten) führten zu keinem nachhaltigen Ansprechen, sodass eine immunsupressive Therapie mit Rituximab eingeleitet wurde.
Unter der immunsuppressiven Therapie mit Rituximab (bisher insgesamt 3x 1000mg i.v.) zeigt sich ein gutes klinisches und bildgebendes Ansprechen mit der Möglichkeit zum Absetzen der Glukokortikoidtherapie.
Schlussfolgerung: Die immunsuppressive Therapie mit Rituximab ist eine valide Behandlungsoption bei glukokortikoidrefraktärer lymphozytärer Hypophysitis.
Literatur:
Danioth S, Fischli S: Case report: glucocorticoid-refractory lymphocytic hypophysitis treated with rituximab. SGED-SSED Annual Meeting 2024, OP 16
Der CO2-Fussabdruck der Behandlung von Typ-2-Diabetes
Hintergrund: Der Anteil der vom Gesundheitssektor verursachten Treibhausgas(THG)-Emissionen liegt weltweit bei etwa 5% und kann in Ländern mit hohem Einkommen 10% erreichen. Die Standardmethode zur Bewertung von THG-Emissionen ist die Lebenszyklusanalyse (LCA). Der CO2-Fussabdruck – ausgedrückt in CO2-Äquivalenten (CO2eq) – bezieht sich auf die Menge an THG, die durch ein Produkt, eine Aktivität oder einen Prozess verursacht wird. Ziel dieser Studie war es, den jährlichen CO2-Fussabdruck der Behandlung von Typ-2-Diabetes (T2D) zu ermitteln.
Methoden:Zuerst suchten die Autor:innen in der Literatur nach LCA-Daten zu den THG-Emissionen von diagnostischen und therapeutischen Routinemassnahmen bei der Behandlung von T2D. Danach addierten sie die Ergebnisse der einzelnen Komponenten nach leitlinienbasierten, häufig verwendeten Behandlungsplänen. Diese Behandlungspläne umfassten eine unterschiedlich komplexe Pharmakotherapie, Blutzuckerselbstkontrollen sowie regelmässige ärztliche und augenärztliche Konsultationen.
Ergebnisse:Die Literaturrecherche ergab Daten zum jährlichen CO2-Fussabdruck der folgenden medikamentösen Behandlungen: Metformin (5kg CO2eq), GLP1-RA (4kg CO2eq), Basalinsulin (10kg CO2eq), Bolusinsulin (10kg CO2eq). Eine kapilläre Blutzuckermessung verursacht 0,002kg CO2eq. Eine durchschnittliche ärztliche Konsultation in einer Schweizer Hausarztpraxis verursacht 5kg CO2eq, wobei die Hälfte dieser Emissionen durch den Transport von Patient:innen und Personal verursacht wird. Da keine Daten zu ophthalmologischen Konsultationen gefunden wurden, wird davon ausgegangen, dass der CO2-Fussabdruck mit demjenigen der ärztlichen Konsultationen vergleichbar ist. Nach den Berechnungen der Autor:innen verursacht die Behandlung eines Patienten mit T2D einen jährlichen CO2-Fussabdruck von 25–60kg CO2eq, wobei das genaue Ergebnis weitgehend von der Intensität der Pharmakotherapie und der Häufigkeit der ärztlichen Konsultationen abhängt. 25–60kg CO2eq entsprechen 0,2–0,5% des durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-CO2-Fussabdrucks in der Schweiz und sind gleichbedeutend mit einer Autofahrt von 75–200km. Im Vergleich dazu verursachen ein Flug von Zürich nach New York und zurück oder eine Dialysebehandlung pro Jahr rund 100-mal mehr Emissionen (4000–10000 bzw. 2300kg CO2eq).
Schlussfolgerung:Die Diabetesprävention und die Verhinderung von diabetesbedingten Langzeitkomplikationen (insbesondere Nierenversagen) scheinen das grösste Potenzial zur Reduktion des mit T2D verbundenen CO2-Fussabdrucks zu bieten. Weiteres Potenzial liegt in der Einführung virtueller ärztlicher Konsultationen und in der Verwendung von konzentrierten Insulinen oder wiederverwendbaren Pens.
Literatur:
Meienberg F, Hosch L, Tas R, Dinkel F, Abshagen C: The carbon footprint of treating type 2 diabetes – calculations based on published data. SGED-SSED Annual Meeting 2024, OP 33
Typ-1-Diabetes: bessere Blutzuckerkontrolle durch Verwendung einer bildbasierten, automatisierten Lebensmittelanalyse-App
Hintergrund: Neue Technologien aus den Bereichen künstliche Intelligenz und Computer-Vision ermöglichen die automatisierte Analyse von Lebensmitteln anhand von Bildern, einschliesslich der Quantifizierung des Gehalts an Kohlenhydraten (KH) von Mahlzeiten. Solche Innovationen haben das Potenzial, die Belastung durch das Zählen von Kohlenhydraten zu verringern, eine Aufgabe, die bei den meisten automatischen Insulindosierungssystemen (AID) immer noch erforderlich ist. Ziel dieser randomisierten, zweiarmigen, parallelen, randomisierten, kontrollierten Studie war es, die Wirksamkeit der automatischen Mahlzeitenanalyse-App SNAQ im Vergleich zum üblichen Mahlzeitenmanagement zur Verbesserung der Blutzucker(BZ)-Kontrolle bei AID-Nutzer:innen mit Typ-1-Diabetes zu untersuchen.
Methoden:44 Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes (Alter 37±15 Jahre, HbA1c6,9±0,9%, BMI 25,5±4,1kg/m2, 43% weiblich), die im Rahmen ihrer üblichen Versorgung ein AID-System nutzten, wurde nach dem Zufallsprinzip entweder SNAQ (n=22) oder ihre übliche KH-Zählmethode (Kontrolle, n=22) für die prandiale Insulindosierung während 3 Wochen zugewiesen. SNAQ ist eine kommerzielle App, die die automatische Erkennung von Lebensmitteln und die Quantifizierung von Makronährstoffen ermöglicht (wenn sie mit einem iPhone mit Tiefenkamera verwendet wird). Für die primäre Analyse verglichen die Autor:innen die Veränderung der BZ-Kontrolle von der Ausgangssituation (2 Wochen) bis zum Ende der 3-wöchigen Studienbehandlung zwischen SNAQ und der Kontrollgruppe anhand linearer Modelle, bereinigt um die Ausgangswerte. Der primäre Endpunkt war der Anteil der Zeit, in der der BZ im Zielbereich lag (TIR, 3,9–10,0mmol/l).
Ergebnisse:In die Analyse flossen die Daten von 43 Teilnehmer:innen ein (SNAQ: n=22; Kontrolle: n=21). Der TIR-Ausgangswert betrug 75,5±13,7% in der SNAQ-Gruppe und 74,3±12,7% in der Kontrollgruppe. Die 3-wöchige Anwendung von SNAQ (für 1,7±0,8 Mahlzeiten pro Tag) führte im Vergleich zur Kontrollgruppe zu einer statistisch höheren TIR (mittlere Differenz: 6,6 Prozentpunkte; 95% CI: 2,8–10,3; p<0,001). Vergleiche zwischen den Gruppen zeigten ausserdem positive Auswirkungen der SNAQ-Anwendung auf die Zeit mit einem BZ >10,0mmol/l (–6,3 Prozentpunkte; 95% CI: –10,02 bis –2,60), auf den mittleren BZ (–0,55mmol/l; 95% CI: –0,90 bis –0,19) sowie die Standardabweichung des BZ (–0,24; 95% CI: –0,44 bis –0,03) (alle p<0,05). Die Zeit in Hypoglykämie (<3,9mmol/) war in beiden Gruppen gering, ohne Unterschiede zwischen den Gruppen. Auch bei der gesamten täglichen automatischen oder manuell verabreichten Insulindosis wurden keine Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt. Der mediane KH-Schätzfehler (absoluter Fehler, der anhand eines bildbasierten KH-Schätzquiz bewertet wurde) betrug zu Beginn der Studie in der SNAQ-Gruppe 22,7g (42%) und in der Kontrollgruppe 22,8g (44%) und änderte sich in keiner der beiden Gruppen bis zum Ende des 3-Wochen-Zeitraums. Es traten keine studienbedingten schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse auf.
Schlussfolgerung:Die kurzzeitige Anwendung der automatisierten App SNAQ zur Mahlzeitenanalyse verbesserte die BZ-Einstellung bei Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes, die ein AID-System verwenden.
Literatur:
Piazza C, Laesser C, Kastrati L, Nakas CT, Herzig D, Bally L: Efficacy of an image-based automated food analysis app in AID users with type 1 diabetes on glucose control – a randomized-controlled trial. SGED-SSED Annual Meeting 2024, OP 42 S
Körperliche Aktivität, Fitness und Körperzusammensetzung bei Frauen mit Gestationsdiabetes
Hintergrund:Körperliche Aktivität (KA), körperliche Fitness (KF) und Körperzusammensetzung (BC) während und nach der Schwangerschaft stehen in Zusammenhang mit den Schwangerschafts-Outcomes und dem langfristigen kardiovaskulären Risiko. Die Zusammenhänge bei Frauen mit hohem metabolischem Risiko und Gestationsdiabetes (GDM) bis zu einem Jahr nach der Geburt wurden bisher nicht untersucht. Ziel dieser Studie war es, 1.) perinatale Veränderungen von KA, KF und BC zu beschreiben und 2.) prospektive Zusammenhänge zwischen KA und KF sowie zwischen KF und BC bei Frauen mit GDM in der Perinatalperiode zu untersuchen.
Methoden:Diese Sekundäranalyse der MySweetHeart-Studie umfasste 211 Frauen mit GDM. Die Ergebnisse wurden im Gestationsalter von 24–32 Wochen und 1 Jahr nach der Entbindung bestimmt. Die KA wurde mit einem Beschleunigungsmesser gemessen, wobei die Zeit erfasst wurde, die in verschiedenen Intensitätsstufen verbracht wurde: sitzend, leichte KA, mässige bis intensive KA und gesamte KA. Für die Bewertung der KF wurde die Muskelkraft mittels «handgrip» bestimmt und die kardiorespiratorische Fitness (CRF) wurde mit dem Chester-Stufentest zur Schätzung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) bewertet. Die BC wurde mit der bioelektrischen Impedanzanalyse (Fettmasse [FM], fettfreie Masse [FFM]) oder der Dual-Energy-Röntgenabsorptiometrie (FM, viszerales Fettgewebe [VAT], Magermasse [LM]; nur postpartal) gemessen. Die Modelle wurden gegebenenfalls für soziodemografische Variablen und den BMI angepasst.
Ergebnisse: Nach der Entbindung nahm die Zeit im Sitzen ab (p<0,001), während alle KA-Intensitäten zunahmen (alle p<0,001). Die CRF und die Muskelkraft änderten sich nicht (beide p≥0,0,40), während FM und FFM abnahmen (beide p<0,001). Eine höhere Gesamt-KA und eine mässige bis intensive KA während der Schwangerschaft waren in nicht bereinigten Modellen mit einer besseren CRF und Muskelkraft 1 Jahr nach der Entbindung assoziiert (p<0,05). Die Messwerte für die KF während der Schwangerschaft waren prädiktiv für die mütterliche BC ein Jahr nach der Geburt: Eine höhere VO2max war mit niedrigeren Werten für FM und VAT verbunden und eine höhere Muskelkraft mit höheren Werten für LM und FFM (alle p<0,001), dies sowohl vor als auch nach Adjustierung.
Schlussfolgerung: Bei Hochrisiko-Frauen mit GDM korrelierte ein höheres Niveau der körperlichen Aktivität während der Schwangerschaft mit einem höheren Niveau der körperlichen Fitness ein Jahr nach der Entbindung in nicht bereinigten Analysen. Ein höheres Niveau an körperlicher Fitness stand in Zusammenhang mit einer verbesserten Körperzusammensetzung, wie z.B. einer niedrigeren Fettmasse und einer höheren fettfreien Masse, was ihre Bedeutung in der Perinatalperiode unterstreicht.
Literatur:
Montandon L, Gonzalez-Rodriguez E, Quansah DY, Lacroix L, Horsch A et al.: Maternal physical activity, fitness and body composition in women with gestational diabetes: A prospective study. SGED-SSED Annual Meeting 2024, OP 37 S
Postprandiale Hypoglykämie nach bariatrischer Chirurgie: Wie steht es um die Awareness bei medizinischen Fachleuten?
Hintergrund:Die bariatrische Chirurgie ist ein wichtiger Bestandteil der Adipositastherapie. Sie führt zwar häufig zu einer erheblichen Gewichtsabnahme und zahlreichen positiven Effekten, kann aber auch Komplikationen verursachen, von denen die postprandiale Hypoglykämie («post-bariatric hypoglycemia», PBH) besonders unterdiagnostiziert und wenig erforscht ist. Derzeit fehlen Daten über die Praxis von Ärzt:innen, die Patient:innen mit dieser belastenden Störung nach bariatrischer Chirurgie behandeln. Aus diesem Grund haben die Autor:innen das Wissen, die Strategien und die Managementansätze von medizinischen Fachkräften weltweit anhand eines Fragebogens zur PBH untersucht.
Methoden: Es wurde ein 25 Punkte umfassender Fragebogen entwickelt und von erfahrenen Kliniker:innen überprüft. Mit REDCap, einem elektronischen Datenerfassungstool, wurde eine mehrsprachige Online-Datenbank für den Fragebogen erstellt. Der Fragebogen wurde hauptsächlich per E-Mail an medizinische Fachgesellschaften für Endokrinologie, Adipositas und metabolische Chirurgie verteilt, darunter an führende Expert:innen und die International Federation for the Surgery of Obesity and Metabolic Diseases (IFSO). Darüber hinaus wurden medizinische Fachleute auf verschiedenen endokrinologischen Kongressen angesprochen, um das Bewusstsein durch persönliche Kommunikation und Flyer zu schärfen. Die Antworten wurden mithilfe der deskriptiven Statistik ausgewertet.
Ergebnisse:Die Umfrage startete im Oktober 2023, und die Daten, die bis zum 10. Juni 2024 eingingen, wurden analysiert. Insgesamt wurden 312 Befragte aus 32 Ländern berücksichtigt. 21,8% der Antworten stammten von Fachleuten aus der Schweiz, gefolgt von Deutschland (14,4%), Brasilien (10,9%) und Italien (9,9%). Das Durchschnittsalter der Befragten betrug 48,8 Jahre (±10,87) und 54,5% waren männlich. Die meisten der Befragten arbeiteten in der bariatrischen Chirurgie (46,2%), und die Berufserfahrung war insgesamt gross (59% arbeiteten seit mehr als 10 Jahren in ihrem Bereich). Der Bekanntheitsgrad der PBH ist insgesamt hoch (>71%), was sich auch in vielen Freitextkommentaren widerspiegelt, die die Forschung auf diesem Gebiet unterstützen. Während die Bedeutung der Ernährungstherapie als Erstbehandlung allgemein anerkannt ist, zeigten die Antworten auf Fragen zu Diagnose und Behandlung eine bemerkenswerte Heterogenität. Die Befragten machten sehr unterschiedliche Angaben zur Prävalenz der PBH bei ihren Patient:innen (etwa 50% gaben an, dass ≤5% betroffen sind, während etwa 50% von >5% Betroffenen berichteten). Sie waren sich auch uneinig über den diagnostischen Blutzuckerschwellenwert für die PBH. Als Erstlinientherapie wurde am häufigsten Acarbose genannt (59%), für die Zweitlinientherapie gab es keinen Konsens. Häufig wurde über eine fehlende Kostenerstattung für diagnostische und therapeutische Optionen berichtet (>51%).
Schlussfolgerung: Diese Umfrage ist die erste ihrer Art, die sich mit der medizinischen Praxis von Angehörigen der Gesundheitsberufe befasst, die Patient:innen mit PBH behandeln. Während das Bewusstsein für PBH im Allgemeinen hoch ist, gibt es eine erhebliche Heterogenität in Bezug auf die diagnostischen Mittel und die medizinischen Behandlungsstrategien, was auf die Notwendigkeit eines besseren Konsenses und weiterer Forschung über die optimalen diagnostischen Ansätze und die Therapie der PBH hinweist.
Literatur:
Fischer J, Dobler S, Ferreira A, LaVista M, Pfefferkorn U et al.: Awareness and management of postprandial hypoglycaemia in bariatric patients - An international survey in healthcare professionals. SGED-SSED Annual Meeting 2024, OP 79 S
Quelle:
Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie (SGED), 14. und 15. November 2024, Bern
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